HELLERSDORFER                                                       E. V.

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01.02.2023     Sabeena Noor verstärkt die Bundesliga-Damenmannschaft

Die Bundesliga–Saison im Cricket der Damen beginnt und der AC BERLIN hofft in der Saison 2023 mindestens auf den Einzug in das Halbfinale, das 2022 knapp verpasst wurde.

In dieser Saison verstärkt Sabeena Noor die Damen–Mannschaft ACB Women.

Sie kommt vom Team Saxon United des RCD e. V Dresden, wo sie seit 2019 spielte.

Sabeena Noor wurde in die Deutsche Cricket-Nationalmannschaft berufen und absolvierte ein Länderspiel gegen Namibia. Der Deutsche Cricket-Bund (DCB) berief sie in die Nationalmannschaft für die Europa-ICC-Qualifikation Division-2 2023  in Jersey/Niederlande.

Sabeena Noor spielte in ihrer Heimat Pakistan bereits mit 7 Jahren Cricket in einer Jungenmannschaft.

Als an ihrer Universität Gujrat erstmals ein Frauenteam gegründet wurde, wählte man sie zur Kapitänin.

Eine internationale Karriere war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, es gab in Pakistan für Frauenteams im Cricket nur die Möglichkeit des Vergleichs zwischen den Colleges und Universitäten. Sie erwarb an im Jahr 2011 den Titel Master of Science in Statistik.

Im Jahr 2016 kam sie nach Deutschland und arbeitete in Dresden an verschiedenen Instituten.

Zur Vorbereitung auf die Bundesligasaison trainiert sie 4 x wöchentlich und hat obendrein schon das Level 2 der ECB–Übungsleiterausbildung erreicht.

Das Level 2 absolvierte sie auch in der Ausbildung als Schiedsrichterin erfolgreich.

Es war ihr Wunsch, sich beruflich zu verändern und nach Berlin umzuziehen.

Bei der Suche nach einem passenden Verein war der ACB erste Wahl.

Gefragt, welche sportlichen Ziele sie verfolgt,  gibt es für sie nur eine Antwort:

Sie möchte mit dem ACB–Team am Ende der Bundesligasaison ganz oben stehen und den Pokal in den Händen halten.

Mit dem Sieg im ersten Bundesliga-Spiel gegen die  Indian Cricket Academy Berlin (ICAB) am 29. April 2023 rückt ACB Women seinem Ziel näher.

Mittelfristig bereitet sie sich auf eine ehrenamtliche Tätigkeit als Übungsleiterin vor.

Ob dann noch Zeit für Hobbys bleibt? Dazu lacht die Neu – Hellersdorferin und hofft darauf, weiter Musik machen zu können.

Sie entspannt sich von ihrem ausgefüllten Alltag beim Gesang zur Gitarre und dem Spiel auf der Tabla (asiatisches Musikinstrument).

Darüber hinaus möchte Sabeena mit ihrer Leistung für Sponsoren werben.

Cricket ist nach Fußball das zweitbekannteste und meistgespielte Spiel der Welt.

Sabeena Noor ist sicher, auch in einem sportbegeisterten  Land wie Deutschland kann sich ihr Sport gut entwickeln.

Der DCB ist auf dem Weg zu dieser Entwicklung und etabliert in jeder Region in Vereinen wie dem AC BERLIN  Cricket und veranstaltet obendrein Spiele/Turniere speziell für Frauen.  Aber es ist ein harter Kampf, denn es fehlen ungedeckte Sportflächen für Trainings- und Wettkampfbetrieb.

Auf dem Maifeld des Berliner Olympiaparks tragen gegenwärtig alle Berliner Cricketvereine ihre Spiele aus.

Diesen Kampf will Sabeena Noor auch in Berlin mit ihrem Verein führen.

Abteilungsleiter Adam Page freut sich über den Neuzugang.

Er hofft ebenfalls über die sportlichen Leistungen eine bessere Unterstützung seiner ACB–Cricketteams zu bekommen.

 

Doris Nabrowsky

13.06.2022     Cricket:  Frauen weiter vorn

In Werder/Havel gab es erneut Punkte in der Frauen-Bundesliga Ost. Nach 3 Spieltagen steht der ACB in der Tabelle mit 5 Siegen und 1 Niederlage weiter auf Platz Eins.

30.05.2022     Cricket:  Erneut 2 Siege in Werder/Havel

Die Frauen vom AC BERLIN gewannen am Samstag in der Cricket-Bundesliga Ost auch ihre beide Spiele gegen Saxon United. 

Damit sind sie vorerst an der Tabellenspitze: 4 Spiele - 4 Siege!

10.05.2022     Zwei Siege zum Saisonauftakt

Der Start war grandios!

In der Frauen-Bundesliga Ost gewann der AC BERLIN seine ersten beiden Spiele gegen BCA (Berlin Cricket Academy).

Kapitänin Neha Sharma führte mit Klasse-Leistungen das Team zu diesen so nicht erwarteten Siegen.

Auch viele neue Spielerinnen trugen konnten sich als Bundesliga-Debutantinnen auszeichnen.


Foto: Neha Sharma und Madhvi Tiwari nach ihren unglaublichen 148 Punkten (Runs) von 115 Bällen (Balls).

12.11.2021     DCB-AWARD für den AC BERLIN

Der Deutsche Cricket Bund (DCB) - Cricket in Germany - hat in diesem Jahr drei Frauenteams mit seiner höchsten Auszeichnung, dem DCB-Award 2021 geehrt. Darunter auch unser Team.

Der DCB begründete die Auszeichnung mit der Entwicklungsarbeit im Verein und verwies auf die ausgezeichnete Arbeit von Trainer Habibullah Safi und Abteilungsleiter Adam Page.

Der AC BERLIN hat seit 2020 Frauen-Cricket in der Hauptstadt aufgebaut und sein Team in die Bundesliga gebracht. 

Die Mannschaft, in der u. a. auch Flüchtlingssportlerinnen aus Afghanistan spielen, wird durch den Landessportbund Berlin und das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf gefördert und unterstützt.

 

Doris Nabrowsky, Integrationsbeauftragte des AC BERLIN

23.09.2021     Erstes Berliner Team Frauen - Cricket made in Hellersdorf

 

Madhvi Tiwari, Afshan Bi und Hannah Page (von links) in ihren Cricket-Trikots. Bild: rbb
Bild: rbb
Vor fünf Jahren entwickelte sich in Hellersdorf eine kleine Cricket-Gruppe.
                  Inzwischen ist beim AC Berlin das erste Frauen-Team der Hauptstadt angesiedelt.
                  Nach einer erfolgreichen Premierensaison haben die Cricket-Damen hohe Ziele. 
 

"Das erzählen wir dir am besten zu dritt", sagt Hannah Page, als wir nach dem Training am Rand der Wiese in Hellersdorf stehen, die den Cricket-Frauen des AC Berlin als Platz dient. Gefragt hatte ich danach, wie sich ausgerechnet hier zwischen Plattenbauten im Berliner Osten vor einem Jahr das erste Frauen-Cricket-Team der Stadt gründete. Neben der erst 18-jährigen Deutsch-Engländerin Hannah Page stehen Afshan Bi aus Pakistan und Madhvi Tiwari aus Indien. Die beiden sind zwei der erfahreneren Cricket-Spielerinnen im Verein.

 

"Ein Männer-Team gab es hier schon länger", berichtet Hannah Page. Ihr Vater Adam hat es gemeinsam mit zwei afghanischen Männern aus der benachbarten Geflüchtetenunterkunft in der Maxie-Wander-Straße ins Leben gerufen. Habib Safi und Sajid Khan begannen auf der Naturfläche vor der Unterkunft, Cricket zu spielen. Der englische Künstler Adam Page sah es, war begeistert und half beim Bau eines Platzes und der Organisation eines Teams. Das war etwa 2016. Heute ist Adam Page Co-Leiter der Cricketabteilung beim AC Berlin und Habib Safi Spieler im Regionalliga-Team der Männer und Trainer der Frauen. Er hat in den anderthalb Stunden vor meinem Gespräch mit Hannah, Afshan und Madhvi mit den insgesamt 17 Spielerinnen das Werfen, Schlagen und Fangen trainiert.

Und damit zurück zur Entstehungsgeschichte dieses Teams. "Wir haben uns gedacht, es gibt viele Inderinnen in Berlin und hier direkt um die Ecke, in der Geflüchtetenunterkunft, gibt es auch Frauen, die Cricket in ihrer Heimat spielten. Wir haben den Platz hier, was selten ist in Berlin, also fragte mich mein Vater, ob wir das nicht angehen wollen, ein Frauen-Team zu gründen", berichtet Hannah Page. Sie druckten Flyer, warben online und gingen an Schulen, um ihre Idee zu verbreiten. Richtig Schwung bekam die Sache, als Hannah bei einem Workshop des deutschen Nationaltrainers am Olympiastadion die beiden Frauen kennenlernte, die jetzt neben ihr stehen.

 

Cricket Training auf dem Platz in Hellersdorf. Vorne steht der Trainer mit dem Schläger, hinten wirft eine Spielerin. Bild: rbb
Cricket-Training in Hellersdorf. Den Platz haben Trainer Habib Safi (vorne im Bild) und andere 2016 selbst auf einer Freifläche gebaut.

 

"Ich war sehr überrascht, dass es in Berlin kein Frauen-Team gab"

"Ich habe davor in München gelebt und schon dort auch Cricket gespielt", berichtet Madhvi Tiwari, die den Sport aus ihrer Kindheit in Indien kennt. Dort ist Cricket Volkssport, wie hier Fußball. Die 35-Jährige zog im vergangenen Jahr für einen neuen Job nach Berlin. "Ich war sehr überrascht, dass es hier kein Frauen-Cricketteam gab", berichtet Tiwari, schließlich sei Berlin eine internationale Stadt. "Wir drei (Anm.: Hannah Page, Madhvi Tiwari und Afshan Bi) haben uns also zufällig bei diesem Event getroffen und haben gesagt: Gut, wir sind schon drei, lass uns das starten."

Afshan Bi war da noch ganz neu in Berlin. Sie hatte aber vorher schon in der deutschen Cricket-Bundesliga gespielt - für Magdeburg. So eingespielt wie auf dem Spielfeld sind die drei auch im Gespräch - nahtlos übernimmt Afshan jetzt die Fortführung der Geschichte. "Als ich hier ankam, waren wir so vier, fünf Frauen. Das war auch Anfang diesen Jahres noch so. Aber ich habe gesagt: Nein, wir müssen in der Bundesliga spielen, wir müssen dranbleiben. Also haben wir richtig Marketing gemacht. Eine Zeit lang habe ich 40 Minuten am Telefon auf Leute eingeredet und gesagt: Das ist eine tolle Gelegenheit, du wirst Cricket in der Bundesliga spielen", berichtet sie und wirkt dabei sehr stolz.

 

Afshan Bi wirft den Cricket Ball mit der besonderen Technik. Bild: rbb
Schleuder mit gestrecktem Arm: Afshan Bi (vorne) zeigt die Wurftechnik beim Cricket, Hannah Page (rechts) schaut zu.

 

Ein Spiel wie Baseball oder Brennball

Cricket ist eine riesige Leidenschaft für Afshan Bi. Beim Training kommt sie auf mich zu und drückt mir den Trainingsball in die Hand - einen Tennisball, der mit Tape umwickelt ist. Richtige Spielbälle sind hart und bestehen aus Kork und Leder. "Wirf du mal", sagt sie und zeigt, wie die besondere Wurftechnik funktioniert. Den Ball mit Zeige- und Mittelfinger von oben und dem Daumen von unten fixieren - während des Wurfes bleibt der Arm gestreckt und wird von hinten obenrum nach vorne geschwungen. So schleudert sie den Ball mehr als dass er geworfen wird.

Ihr gegenüber auf dem "Pitch" steht eine Gegenspielerin mit Schläger. Das Spiel erinnert, sehr vereinfacht gesagt, an Baseball oder Brennball. Das "Pitch" ist der circa 20x3 Meter große Streifen, auf dem der Hauptteil des Spiels abläuft. Die Werferin (genannt "Bowler") schleudert den Ball, die Schlagfrau ("Bats(wo)man") muss ihn wegschlagen und dann möglichst oft zwischen zwei "Wickets" (Holzstäbe) hin- und herrennen. Jeder "Run" gibt Punkte. Die andere Mannschaft muss, wie beim Brennball, versuchen, den Ball zurück zum "Pitch" zu bringen und einen Holzstab abzuwerfen. Das ist im Grundsatz das, was auch auf der Wiese in Hellersdorf geübt wird.

 

Die erste Bundesliga-Saison beginnt mit einem Sieg

Nun aber weiter mit der Gründungsgeschichte des Berliner Frauen-Teams. "Am Ende unserer Werbeaktion hatten wir 15, 16 Frauen zusammen", erzählt Afshan Bi. Wobei einige von ihnen eher noch Mädchen waren. Auch drei afghanische Schwestern aus der benachbarten Geflüchtetenunterkunft schlossen sich dem Verein an. Sie kannten den Sport von Zuhause und waren froh, endlich mal wieder spielen zu können. Der AC Berlin meldete sich für die Bundesliga an - eine große Herausforderung. "Dann haben wir trainiert. Zwei Tage am Wochenende und unter der Woche wann immer alle Zeit hatten, schließlich arbeiten wir alle Vollzeit in Berlin", sagt Afshan Bi. Jetzt sind wir am Anfang dieses Sommers angekommen. Und beim Bundesliga-Auftakt.

Den Auftakt gewinnen die Frauen des AC Berlin sehr überraschend gegen Dresden. "Das war genau das, was wir brauchten", sagt Bi und grinst breit. Und die Erfolgsgeschichte geht weiter - auch die folgenden beiden Spiele in Magdeburg gewinnen die Hellersdorferinnen. "Wir waren ein bisschen geschockt und konnten es kaum glauben", ergänzt Hannah lachend. "Ein Highlight", sagt Madhvi Tiwari. Sie ist inzwischen die Kapitänin. Das Team ist ziemlich multikulturell. Aus Indien, Pakistan und Afghanistan kommen einige Spielerinnen, aber auch aus Frankreich, Italien, England oder Georgien. Nur Deutsche gibt es kaum - in beiden Teams des AC Berlin. "Es haben einige schon ausprobiert und wir haben eine deutsche Spielerin und ein paar Kinder, die kommen und gehen", sagt Adam Page, "das muss noch wachsen."

 

In Indien und Pakistan ist Cricket Volkssport - auch für Frauen

Cricket ist in Deutschland noch eine kleine Nummer. Etwa 1.000 Spielerinnen und Spieler gibt es in Berlin, schätzt Adam Page. Deutschlandweit sollen es um die 15.000 sein, laut Webseite des Deutschen Cricket Bunds. Die meisten davon sind allerdings Männer. Nur etwa 30 Frauen-Teams gibt es landesweit, 12 davon spielen in einer wettkampforientierten Liga. Das ist in Indien oder Pakistan anders, berichten Afshan Bi und Madhvi Tiwari. "Bei uns ist es so groß wie Männer-Cricket", sagt Afshan Bi. "Und das ist doch super", findet Hannah. Sie spielt nicht nur Cricket, sondern auch Fußball, den deutschen Nationalsport und da ist man von solchen Aussagen noch sehr weit entfernt - freundlich formuliert.

Das deutsche Cricket steckt insgesamt aber in sehr kleinen Kinderschuhen. Der provisorische Trainingsplatz des AC Berlin, in seiner Fläche eigentlich viel zu klein uns selbst erarbeitet, ist sogar schon eine richtig gute Möglichkeit in Berlin um Cricket zu spielen. Das sagt einiges aus, denn eigentlich bräuchten sie einen echten "Ground", so einen gibt es nur auf dem Maifeld am Olympiastadion. Der rasante Aufstieg des Teams im deutschen Frauen-Cricket ist also auch in diesem Gesamtbild einer Sportart im Anfangsstadium zu betrachten. Das soll ihren Erfolg aber nicht schmälern. Immerhin gewannen die Berlinerinnen als Neulinge auf Anhieb die Bundesliga Ost, erst im Halbfinale war Schluss mit ihrem Lauf - gegen Frankfurt.

 

Die Spielerinnen des AC Berlin (gelb-blaue Trikots) und die des Frankfurter Teams posieren nach dem Halfinale. Bild: AC Berlin
Die Spielerinnen des AC Berlin (in den gelb-blauen Trikots) mit ihren Gegnerinnen aus Frankfurt nach dem Bundesliga-Halbfinale.

 

Hohe Ziele: Mehr Mitglieder, Kindertraining und Nachwuchs-Nationalspielerinnen

Die Ziele von Hannah, Madhvi und Afshan für den Verein und ihr Team sind vielfältig. Hannah Page möchte den Cricket-Verein vor allem in der Breite weiterentwickeln, ihr Traum ist es, junge Mädchen an den Sport heranzuführen und ihnen ein Angebot zu schaffen. "Es ist euer Sport, den ihr Zuhause am meisten spielt - so wie wir halt Fußball haben", sagt sie zu den anderen beiden gewandt, "ich finde es toll, wenn wir hier in Berlin ein Angebot schaffen können, dass Menschen aus anderen Ländern ihrem Lieblingssport nachgehen können."

Afshan Bi denkt eher wettkampforientiert. Ihr Ziel ist es, das Team im Cricket zu verbessern, das merkt man ihr an. "Wir haben zum Beispiel eine junge Spielerin, die eine super "Ballerin" ist, sie ist erst 19 Jahre alt und die schnellste Werferin, die ich in Deutschland gesehen habe. Sie wollen wir technisch verbessern", beschreibt sie. Bald will sie die talentiertesten drei Spielerinnen des ACB bei einem Lehrgang für U19-Frauen beim Deutschen Cricket Bund mitspielen lassen. "Vor vier Monaten kannte niemand den AC Berlin, jetzt wissen alle im deutschen Frauen-Cricket von uns", sagt sie stolz. Um mehr Mitspielerinnen zu akquirieren, veranstaltet der Verein Turniere und wirbt an Schulen. Berlin soll eine wichtige Stadt im Frauen-Cricket werden. "Wir sind optimistisch, dass du nach der nächsten Bundesliga-Saison wieder hierher zum Interview kommst, das ist doch auch ein gutes Ziel", sagt Afshan Bi lachend zum Abschied.

 

Beitrag von Simon Wenzel


 
 
Foto: Pierro Chiussi

16.10.2020     Die Berliner "taz" druckte heute den nachstehenden Artikel:

 

Frauen-Cricket in Hellersdorf:  Auf einen Schlag

 

Auf einer Brachfläche in Hellersdorf wartet Hannah Page anfangs mit Sorge.

Sie befürchtet, dass niemand kommt. Drei Zusagen hat sie vorher bekommen. „Ich dachte, ich stehe nachher vielleicht allein da.“ Hannah Page möchte dort das erste Frauen-Cricketteam von Berlin aufbauen. Die Fläche, so schildert sie es, ist von Bäumen umgrenzt, schmale Wege führen durch ungepflegtes hohes Gras, bis sie an eine Art Kunstrasenteppich für Cricket gelangt.

Kein offizielles Feld, „aber wir arbeiten mit dem, was wir haben.“

Sie hat Holzschläger mitgebracht und Tennisbälle; eigentlich spielt man Cricket mit Holzbällen, aber dafür bräuchte es Schutzkleidung, die haben sie nicht.

Hannah Page, 17 Jahre, hat gerade Abitur gemacht und noch nie ein Sportteam gegründet. „Ich war ängstlich, dass es lange dauert, bis es klappt. Ich bin da reingegangen, ohne zu wissen, was auf mich zukommt.“ Also hat sie Flyer verteilt, an einer Schule in Hellersdorf und im Geflüchtetenheim.

Denn sie möchte speziell auch Geflüchtete erreichen.

Und die Mädchen kommen. Die Fläche erweist sich als genau der richtige Ort, weil viele geflüchtete Familien hier picknicken. Die Verständigung klappt problemlos. Page sagt: „Ich war total überrascht, wie gut das funktioniert.“ Denn es gibt ja noch ein zweites Hindernis: Wie gründet man ein Sportteam für etwas, was es hier kaum gibt?

Frauen-Cricket existiert nicht in Berlin, jedenfalls nicht organisiert. Der mit Baseball verwandte Teamsport, bei dem es – sehr grob gesagt –, um das Duell zwischen Werferin und Schlagfrau geht, wird vorwiegend im Commonwealth praktiziert.

Monika Loveday, Vizepräsidentin des deutschen Cricket-Verbandes DCB, berichtet, es gebe in ganz Deutschland lediglich zehn Frauenteams, die im Ligabetrieb spielen. „Im europäischen Vergleich sind wir noch ganz gut. Viele Länder haben gar keine Frauenliga.“

Eine Sportart, die so randständig ist, dass das Wort „Randsportart“ kaum ausreicht. Und eine junge Sportart. Mädchen-Cricket gibt es hier seit etwa 2005, ein deutsches Nationalteam gründete sich 2009. Ein Jahr später folgte eine Liga, die verschiedene Formate durchlebt hat. „Erst in letzter Zeit hat es sich besser entwickelt“, so Loveday. Vier bis fünf neue Teams wollen bald dazu kommen, ein Boom geradezu, vor allem in den großen Städten. Aber bislang nicht in Berlin.

 

DUELL MIT DEM BALL – SO GEHT CRICKET

Cricket ist ein mit Baseball verwandtes Spiel. Es duellieren sich eine Werferin und eine Schlagfrau, wobei die Schlagfrau eine Art kleines Tor aus Stäben verteidigt. Wenn es ihr gelingt, den Ball abzuwehren und in einem Lauf den Platz mit einer zweiten Schlagfrau zu tauschen, bevor die Werferin einen Treffer erzielt, gibt das ihrem Team einen Punkt.

In Berlin gibt es mehrere Cricket-Angebote für Männer, etwa beim AC Berlin und BFC Cricket Viktoria 89, aber keine gezielt für Frauen. Frauen können jedoch, weil Kraftunterschiede im Cricket nur eine geringe Rolle spielen, grundsätzlich mit Männern spielen. Die deutsche Liga ist in Nord, Mitte und Süd gegliedert, deren jeweilige Meisterinnen spielen den Titel aus.

 

Das Mädchenprojekt beim AC Berlin freut sich über interessierte Mädchen jeder Herkunft und jeder Altersstufe. Fehlende Vorerfahrung ist kein Problem.   Das Training findet in Hellersdorf statt, Interessierte können sich an cricket(at)athletik-club-berlin.de wenden.

 

Über die Herkunft zum Spiel gekommen

Hannah Page ist, wie viele, über ihre Herkunft dazugekommen. Die Berlinerin hat einen englischstämmigen und Cricket-begeisterten Vater, der ebenfalls mit Geflüchteten aktiv ist. Beim AC BERLIN in Marzahn-Hellersdorf gründete sich vor einigen Jahren auf Initiative einiger geflüchteter Männer und des Kunstvereins „nGbK“ein Männer-Cricketteam, Pages Vater hilft bei der Organisation. Irgendwann fragte er die Tochter, ob sie sich vorstellen könnte, ein Team mit geflüchteten Frauen aufzubauen … „Die Menschen zusammenzubringen, den Kindern eine Perspektive zu geben, das ist mir wichtig“, sagt Page. „Gerade Menschen zum Beispiel aus asiatischen Kulturen kennen den Sport sehr gut. Wir integrieren uns dann auch in deren Kultur hinein.“

Ein Anknüpfungspunkt zum Beispiel für die drei afghanischen Schwestern, die mittlerweile zum Stamm gehören. Sie sind 8, 15 und 19 Jahre alt. „Als Frauen durften wir in Afghanistan keinen Sport machen, auch kein Cricket spielen. Aber wir haben auf dem Hof mit unseren Brüdern gespielt.“ Einen kleinen Hof mit Kühen hätten sie gehabt. Die Mutter habe keinen Sport treiben dürfen, ihn den Töchtern aber erlaubt. „Wir hatten viel Freizeit, also haben wir sogar mehr gespielt als hier.“ Auch wenn mal das Fenster der Nachbarn zu Bruch ging. Jetzt sind die Schwestern glücklich, hier wieder spielen zu können. Und froh, dass sich das Projekt nur an Mädchen richtet.

Das Männer-Cricket hat in Deutschland von der Ankunft der Geflüchteten extrem profitiert. Frauen-Cricket dagegen gelang das bisher nicht. „Die meisten geflüchteten Frauen haben einfach wenig Bezug zu Sport“, sagt Monika Loveday vom DCB. „Sie sind auch in Deutschland noch sehr in konservativen Rollenbildern verankert und kümmern sich eher um den Haushalt. Es gibt dafür mehr und mehr Studentinnen aus den Cricket-Nationen, die den Sport in Deutschland betreiben.“

 

Das verhindert ein schnelles Wachstum, macht die Szene aber auch diverser. Denn während sich das deutsche Männer-Cricket stark aus wenigen Nationen rekrutiert, kommen die Frauen, so Loveday, aus aller Welt, von Chile über Russland bis Malaysia; es seien auch viele Deutsche ohne Migrationshintergrund dabei.

 

Lokale Gegnerinnen fehlen in Berlin

Leute wie Verena Dörtelmann, aus einem Dorf im Emsland stammend und ehemals Bundesliga- und Nationalspielerin im Cricket. Sie will helfen, das Berliner Team aufzubauen. Wobei das mit Bundesliga und Nationalteam so eine Sache ist, denn wer organisiert ist, spielt in Deutschland automatisch Bundesliga. „Ich fand es echt ulkig“, erzählt sie, „im Fußball habe ich auf dem Dorf gespielt, und im Cricket dann Bundesliga.“

Bei einem Aupair-Aufenthalt in Neuseeland lernte sie das Spiel kennen, die Gastmutter war Cricket-Trainerin. Weil eine Laufbahn eben bloß ein reiseintensives Hobby ist, ließ sie sie umzugsbedingt austrudeln. „Ich bin da nicht so richtig am Ball geblieben. Heute interessiert mich viel mehr Schiedsrichterin oder Trainerin.“ Für das neue Berliner Team käme das aber noch nicht infrage. „Ich würde es mir schon zutrauen, ein paar Trainingseinheiten zu leiten, aber ich weiß nicht, wie man ein Training für Neulinge aufbaut, und ich sehe noch nicht, was andere besser machen könnten.“ Zarte Schritte einer jungen Sportart eben.

Das Training ist einmal wöchentlich am Wochenende, und für die Bundesliga wird die Zahl der Spielerinnen nicht reichen. Lokale Gegnerinnen wiederum fehlen in Berlin. Hannah Page hofft auf die punktuellen Turniere des DCB, dort würden sie eines Tages gern mitspielen. Aber erst mal ist sie froh über die Mädchen, die kommen, denen sie Abwechslung bietet und vielleicht Halt. Bei Männer-Turnieren auf dem Tempelhofer Feld, stellt sie fest, komme jetzt auch mehr Publikum. „Vielleicht überträgt es sich eines Tages von den Geflüchteten-Communitys auf die Mehrheitsgesellschaft.“ Aber das brauche noch Zeit.

 

AC BERLIN - START 0